Wechselkurssysteme
Im Rahmen der Geld- und Währungspolitik eines Landes wird auch sein jeweiliges Wechselkurssystem festgelegt bzw. im Laufe der Zeit angepasst. Grundlegend wird unterschieden zwischen Systemen flexibler („freier“) und fixer („fester“) Wechselkurse. Man kann sich vorstellen, dass alle Wechselkurssysteme auf einem Intervall zwischen vollkommen fixen und vollkommen flexiblen Wechselkursen liegen. Bei vollkommen fixen Wechselkursen legt die Regierung den Wechselkurs für eine Währung gegenüber einer anderen Währung fest. Bei dem vollkommen flexiblen Wechselkurs ergibt sich dieser über Transaktionen an den Devisenmärkten. Der Devisenmarkt ist neben dem Geldmarkt, und Kredit- und Kapitalmärkten Teil des Finanzmarkts im internationalen Handel.
Wie können Regierungen den Wechselkurs festlegen? Hierzu interveniert die Zentralbank eines Landes im Devisenmarkt. Zum Verständnis des Devisenmarktes kann man sich Währungen als Waren vorzustellen. Dies bedeutet, dass Währungen nicht nur dazu dienen Transaktionen durchzuführen, sondern dass sie darüber hinaus andere Eigenschaften besitzen, wie zum Beispiel ein Mittel zur Aufbewahrung von Vermögen oder zur Spekulation zu sein. An den Kapitalmärkten ergibt sich der Wechselkurs über Angebot und Nachfrage im Austauschverhältnis zweier Währungen zueinander. Der Wechselkurs kann als Preis einer Währung interpretiert werden und als Markterwartungen gedeutet werden. Ein steigender Wechselkurs steht für eine Nachfrage, welche nicht vollständig befriedigt werden kann. Ein fallender Wechselkurs steht für ein Angebot, welches nicht vollständig nachgefragt wird. Der Handel mit Devisen in Deutschland findet unter anderem an der Frankfurter Börse.
Wie funktionieren die verschiedenen Wechselkurssysteme?
Zum einen kann eine Zentralbank den Wechselkurs festsetzen und auf den Devisenmärkten intervenieren, wenn der Wechselkurs von dem Kursziel abweicht. Diese Interventionen laufen folgendermaßen ab: Wenn die Währung aufwertet, also der Wechselkurs in Mengennotierung sinkt, dann kann die Zentralbank heimische Währung auf dem Devisenmarkt verkaufen. In Europa beispielsweise könnte die Europäische Zentralbank Devisen, an denen sie interessiert ist (US Dollar, Schweizer Franken etc.), mit Euros kaufen (was wiederum gleichbedeutend ist mit einem Verkauf von Euros). Weil sich nun auf dem Devisenmarkt eine größere Menge an Euros einer kleineren Menge an anderen Währungen gegenübersieht, sinkt der Wert des Euros, das heißt es kommt zu dessen Abwertung.
Wieso funktioniert dieser Mechanismus? Wenn der Wechselkurs in Mengennotierung sinkt, kann man sich dies als eine Euro-Knappheit vorstellen. Ein Euro „kauft“ dann mehr Einheiten einer ausländischen Währung.
Wenn ein Land einen freien Wechselkurs hat, bedeutet das, dass die Zentralbank nicht im Devisenmarkt interveniert, sondern der Wechselkurs sich frei über Angebot und Nachfrage ergibt.
Formen fester Wechselkurssysteme sind:
- das Currency Board, zu Deutsch Währungsamt. Dabei handelt es sich um eine Institution, welche den Wechselkurs festlegt. In einem Currency Board System müssen die Währungsreserven des Landes, das das Currency Board einführt, so hoch sein, dass jederzeit alle Geldscheine der inländischen Währung in die Währung, mit dem das Currency Board besteht, umgetauscht werden können – die inländische Währung muss also durch ausländische Währung gedeckt sein. Darüber hinaus muss die inländische Währung jederzeit umtauschbar sein in die ausländische Währung, zu der das Currency Board besteht. Die inländische Geldpolitik wird dabei so gut wie abgeschafft; das Land ordnet sich geldpolitisch vollständig dem Land unter, zu dem die ausländische Währung des eingerichteten Currency Board gehört (meist der US Dollar). Zum Beispiel führte Argentinien Anfang der 1990er Jahre ein Currency Board zum US Dollar ein. Auf Grund von Hyperinflation mit mehr als 800% jährlicher Inflation, entschied sich die argentinische Regierung für die Einführung eines Currency Boards mit einer gesetzlichen 1:1 Bindung des Peso an den US-Dollar. Die Bekämpfung der Inflation war durchaus erfolgreich, so sank die Inflationsrate im Laufe des Jahres 1991 auf 300%, im Jahr 1992 unter 100%. Bereits im Jahr 1994 hatten sich die Inflationsraten Argentiniens und der USA angeglichen. Allerdings führte die in Argentinien stärker als in den USA sinkende Inflation zu einer realen Aufwertung des Peso gegenüber dem US-Dollar (siehe hierzu die Formel des realen Wechselkurses). Hinzu kam, dass der US-Dollar gegenüber dem Euro aufwertete. Durch die Bindung an den US-Dollar wertete somit auch der Peso gegenüber dem Euro auf. Im Zuge der Aufwertungen verloren argentinische Produkte auf dem Weltmarkt an Preiswettbewerbsfähigkeit weil sie dadurch auf dem Weltmarkt real teurer wurden. Argentinien setzte daher weniger Exporte ab, das Leistungsbilanzdefizit vergrößerte sich und wurde durch Kapitalimporte finanziert. Gleichzeitig stieg zu der Zeit das internationale Zinsniveau, und damit die Auslandsschulden Argentiniens. Der Spielraum der Zentralbank, den Wechselkurs auf seinem Niveau zu stützen, nahm ab. Im Jahr 2002, gab Argentinien das Currency Board System auf.1
- die Crawling Peg, zu Deutsch gleitende Wechselkursparität. Hierbei kündigt die Zentralbank im Voraus an, um wie viel Prozent der Wechselkurs in einem bestimmten Zeitraum abwerten soll. Den Mechanismus diese Veränderung herbei zu führen ist eine Intervention, wie sie oben beschrieben wurde, jedoch für einen längeren Zeitraum und mit kleinen Abwertungsschritten. Zum Beispiel führte Brasilien nach einem längeren Zeitraum der Hyperinflation im Jahr 1994 eine neue Währung, den Real, ein. Dieser war zunächst zu einer bestimmten Parität an den US-Dollar gebunden (siehe fixer Wechselkurs). Im Jahr 1995, nach einer starken realen Aufwertung des Real, ging Brasilien auf ein Crawling Peg System über. Ziel dieses Wechsels war eine reale Abwertung bei gleichzeitiger Kontrolle der Inflation.
- Des Weiteren kann die Zentralbank den Wechselkurs in einem bestimmten Intervall schwanken lassen. In diesem Fall lässt die Zentralbank den Wechselkurs entsprechend von Angebot und Nachfrage auf dem Markt bestimmen; jedoch nur bis zu einer gewissen festgelegten Ober-/Untergrenze. Bei Erreichen dieser Grenzen interveniert die Zentralbank, um den Wechselkurs in dem festgelegten „Band“ von Ober- und Untergrenze zu halten. Dies kann man sich wie folgt vorstellen: die brasilianische Zentralbank erachtet einen Wechselkurs von 2 Real pro US-Dollar als ein sinnvolles Austauschverhältnis. Allerdings hält sie Schwankungen von ±5% um diesen Zielwert für problemlos und lässt einen Handel mit Real zu (die Zentralbank erlaubt so zusagen einen „freien“ Wechselkurs im Band von 1.95 Real/US$ bis 2.05 Real/US$). Sobald der Real die Grenzen von 2.05 Real/US$ nach oben bzw. 1.95 Real/US$ nach unten durchbricht, interveniert die Zentralbank. Bei einer Überschreitung der Grenze kauft die Zentralbank solange Real gegen US-Dollar bis sich der Kurs wieder stabilisiert hat. Bei einer Unterschreitung der Grenze verkauft die Zentralbank Real bzw. kauft sie US-Dollar bis sich der Kurs wieder stabilisiert hat. Dies geschah beispielsweise im Europäischen Währungssystem, dem Vorgänger der Europäischen Währungsunion, vor der Einführung des Euro. Das Ziel war ein Angleichen der nationalen Währungen der Eurozone um die Einführung der Gemeinschaftswährung sicherzustellen.
1 Zur Argentinienkrise und dem Currency Board siehe auch: Fritz, Barbara (2002): Cry for Argentina; Dullien, Sebastian (2002): Argentina: The end of a clever idea? sowie Horn, Gustav und Ulrich Fritsche (2002): Argentina in Crisis