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Mexiko

Die Wirtschaft boomte Ende der Sechzigerjahre und mit ihr die Mittelschicht – dank der Ölfunde im mexikanischen Golf Anfang der Fünfzigerjahre. Die aus der mexikanischen Revolution hervorgegangene Revolutionär-Institutionelle Partei PRI war seit den Zwanzigerjahren an der Macht, hatte den gesamten Staatsapparat und die Gesellschaft unter Kontrolle und regierte – unter dem Präsidenten Gustavo Díaz Ordaz – mit harter Hand. Bei den Olympischen Spielen, die am 12. Oktober in Mexiko-Stadt eröffnet wurden, sollte nichts außer Kontrolle geraten. Sie dienten der Image-Politik und wurden als Faktor der Modernisierung gesehen. Die ganze Stadt wurde darauf vorbereitet, neue U-Bahnen und Stadien entstanden, ebenso ein Kunstboulevard. Doch trotz des „mexikanischen Wirtschaftswunders“ geriet die Gesellschaft in Bewegung, Forderungen nach mehr Demokratie und Freiheit wurden laut. Mexiko war zwar niemals eine Militärdiktatur, galt aber als Prototyp eines autoritären, zivilen Regimes. Ein Symptom für die zunehmenden Risse zwischen Wirtschaft, Gesellschaft und Politik war die Studentenbewegung vom Juli bis Oktober 1968. Zehn Tage vor Eröffnung der Olympiade schossen Soldaten eine friedliche Protestkundgebung auf dem Platz der drei Kulturen im Stadtteil Tlatelolco zusammen. Der als Paranoiker geltende Díaz Ordaz übergibt das Präsidentenamt 1970 an den ehemaligen Innenminister Luis Echeverría – der neben Díaz Ordaz zu den Hauptverantwortlichen des Massakers zählt. Heute gilt 1968 in Mexiko nahezu einhellig als Wegbereiter des Demokratisierungsprozesses, der im Jahr 2000 immerhin die Abwahl der PRI, die wie eine Staatspartei regierte, möglich machte.

Mareike Lühring / Sherin Abu-Chouka / Anne Huffschmid