Migrants, Refugees, and Asylum Seekers: Re-thinking Migration to Latin America and the New Ethnic Studies
Durch die Fritz Thyssen-Stiftung gefördert arbeiten Forscherinnen und Forscher der Abteilung Geschichte zusammen mit Kolleginnen und Kollegen des S. Daniel Abraham Center for International and Regional Studies der Tel Aviv University an einem neuen Ansatz auf dem Feld der Ethnic Studies.
Forschungen zur Ethnizität im modernen Lateinamerika haben die Gesellschaften der Region traditionellerweise als Verschmelzungen von Europäern, Indigenen und/ oder Personen mit afrikanischen Wurzeln verstanden. Geprägt durch die Zeit vor der Unabhängigkeit wurden diese Einteilungen oftmals als stabile Kategorien verwandt, die Europäer oder „Weiße“ als Monolith den Studien zur Indigenität oder Blackness gegenüberstellten. Die Rolle der nach der Unabhängigkeit erfolgten Immigration aus Ost- und Westeuropa sowie aus Asien, Afrika und anderen lateinamerikanischen Ländern hat im Hinblick auf die Konstruktion der ethnischen Landschaften der Nationen bisher weniger Beachtung gefunden. Historikerinnen und Historiker der Immigration haben diese Entwicklung noch verschärft, indem sie Narrative der ethnischen Einzigartigkeit reproduziert haben. Anstelle Immigrationsgruppen als Teil eines größeren, multiethnischen Kontexts zu begreifen, haben Historikerinnen und Historiker in ihren Studien zu Italienern, Deutschen, Juden und anderen Gruppen dazu tendiert, (wahrgenommene) gemeinsame Ursprünge gegenüber den Besonderheiten der Erfahrungen in deren „neuem“ Zuhause zu privilegieren.
Mit dem Ziel, Immigration in der breiteren Forschung zu Ethnizität in Lateinamerika zu positionieren, schlagen wir „New Ethnic Studies“ vor. Wir weisen auf Einzigartigkeit und Homogenisierung abzielende Tendenzen in der Migrationsgeschichte zurück. Stattdessen wird ein Ansatz unterstützt, der die lokal und national bedingten Umstände der ethnischen Identifikation betont. In diesem Zusammenhang mag der Prozess, Italo-Brasilianer zu werden eher dem Weg gleichen, Deutsch-Brasilianer zu werden als Italo-Chilene. Zudem erinnert dieser Ansatz Historikerinnen und Historiker daran, dass die Präsenz von aus (Im)migrationsbewegungen resultierenden Gruppen die Vorstellungen von Weißheit, Indigenität und/ oder Blackness herausfordert, welche die Konstruktion nationaler Identitäten in Lateinamerika prägen.