Exkursion in die Länder des Mercosul/Mercosur: Grenzen, Kultur und Bürgerschaft
Die Exkursion hatte zum Ziel, kulturelle, politische und wirtschaftliche Dimensionen des Integrationsprojektes “Mercosul/Mercosur” in verschiedenen interdisziplinären Teilprojekten zu untersuchen, wobei als Schwerpunkt die besondere Entwicklung im kulturellen Bereich und in den Grenzregionen berücksichtigt wurde.
An der vom 01.10.2005 bis 31.10.2005 durchgeführten Exkursion unter der Leitung von Prof. Dr. Ligia Chiappini nahmen insgesamt dreizehn Studierende aus den Disziplinen Lateinamerikanistik/Brasilianistik, Altamerikanistik/Ethnologie, Politik, Ökonomie und Soziologie des Lateinamerika-Instituts teil. Einen Teil der Reise wurde sie außerdem von Prof. Dr. Sabine Schlickers (Univ. Bremen) und Dr. Ute Hermanns begleitet.
Die drei Hauptziele der Reise lassen sich wie folgt zusammenfassen:
a) Die Weiterentwicklung in Berlin vorbereiteter Einzelprojekte, zu denen Material gesammelt, Feldforschungen durchgeführt und vorab erhobene Arbeitshypothesen verifiziert bzw. falsifiziert wurden. Aus den Projekten entstanden schließlich Hausarbeiten, sowie Diplom- und Magisterarbeiten.
b) Das Knüpfen wertvoller akademischer Kontakte, was insbesondere durch enge Zusammenarbeit mit den Universitäten und Institutionen ermöglicht wurde.
c) Die Beantwortung folgender allgemeiner Leitfragen:
Unabhängig von den Einzelprojekten, die sich auf jeweils sehr spezifische Teilbereiche des Hauptthemas beziehen, kristallisierten sich vor und während der Reise allgemeine Fragestellungen heraus, an denen sich die Gruppe bei den verschiedenen Veranstaltungen und Treffen orientierte:
- Gibt es überhaupt einen Mercosul/r cultural und wenn ja, in welchem Verhältnis steht er zum Mercosul/r económico und político?
- Welche Auswirkungen hat der Mercosul/r auf die besondere ökonomische, politische und vor allem kulturelle Situation in den besuchten Grenzregionen?
- Inwiefern kann der kulturelle Austausch, der in den Regionen der Grenze unabhängig vom Bestehen des Mercosul/r seit Langem praktiziert wird, als Vorbild für eine erfolgreiche Mercosul/r-Integration dienen?
Die Suche nach dem wahren Kern des Mercosul/r cultural stellte sich letztendlich als Leitfaden für die gesamte Gruppe heraus, wobei außer Frage stand, dass es zwar einen Mercosu/r cultural gibt, wenn auch nur als Theorie oder Begriff, dass sich allerdings schwer bestimmen lässt, was darunter zu verstehen ist und inwieweit die Verwendung der Begrifflichkeit noch angemessen ist. Mercosul/r cultural verweist auf alle Bestrebungen, Initiativen, Projekte, Institutionen, theoretische Abhandlungen, die versuchen, ausgehend von einem Impuls durch Integration der Mercosul/r-Länder, Lateinamerika, zumindest aber Südamerika auch kulturell zu integrieren, indem die spezifischen regionalen Identitäten erhalten bleiben. Besonderer Wert wird dabei gelegt auf die Erhaltung kultureller Vielfalt, auf Schutz vor einer Kommerzialisierung von Kultur.
Andererseits geht es darum eine supranationales Kulturverständnis zu entwickeln, das zu einem Zusammenhalt führen soll. Diese Ziele des Mercosul/r cultural sind zu verstehen als das Bestreben, eine Gegenbewegung gegen die Tendenz einer vereinheitlichenden, von den USA angeführten-Kulturdominanz zu initiieren und zu stärken.
Beispiele für derartige Bestrebungen sind die Treffen der Minister der Kultur, das RCM (rede cultural del Mercosur) und die daraus hervorgehenden Projekte. Problematisch stellt sich die finanzielle Situation dar. Auf den Treffen der Kulturminister werden zwar Richtlinien für kulturelle Entwicklung und Integration entworfen, aber der Mercosul/r cultural verfügt nicht über die finanziellen Mittel, um die Umsetzung dieser zu unterstützen.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob un wenn inwiefern die Bestrebungen des Mercosul/r cultural überhaupt konkrete Auswirkungen in der Praxis haben.
Ergebnisse
Die Forschungsergebnisse werden im Oktober in der Publikation Mercosul / Mercosur: Dynamik der Grenzen und kulturelle Integration (hg. v. Ligia Chiappini und Jan David Hauck) erscheinen. In zwölf Kapiteln analysieren die Exkursionsteilnehmer/innen was sie auf der Reise und teilweise in der vorangegangenen oder im Anschluss fortgesetzten Forschungsarbeit erfahren haben.
"Das Buch beginnt mit den eher allgemeinen Aspekten der wirtschaftlichen und politischen Integration, geht im Folgenden einer solidarischen Integration in der Bildung nach und untersucht Hintergründe, Möglichkeiten und Grenzen der kulturellen Integration, von der Literatur über das Radio zum Film, in Theater und Fußball, ohne es zu unterlassen mit der Operação Condor, wenn auch flüchtig, etwas zu berühren, was als „perverse Integration“ bezeichnet werden könnte." (Klappentext)
Außer den Beiträgen der Exkursionsteilnehmer/innen hat das Buch einen umfangreichen Anhang, in dem in Interviews oder transkribierten Vorträgen auch Experten aus der Region zu Wort kommen.
Nähere Informationen zur Publikation auf der Homepage des Buches. Dort findet sich auch eine Karte mit der Reiseroute die die Exkursion genommen hat.