Lehrforschungskonzept
Exkursion „Grenzen in Bewegung – Fronteras en Movimiento: Soziale und kulturelle Dynamiken in Zentralamerika“ (März/April 2008)
Exkursionsprogramm
Während des zweiwöchigen Programms der Exkursion trafen die Teilnehmer/-innen aus Berlin mit Studierenden, Wissenschaftler/-innen, Journalist/-innen sowie mit Vertreter/-innen von Kirchen, Nichtregierungsorganisationen und staatlichen Einrichtungen in Costa Rica und Nicaragua zusammen. In gemeinsamen Veranstaltungen (Kolloquien, Panels, Workshops, Diskussionsrunden, Filmvorführungen, Besichtigungen etc.) hatten die Studierenden Gelegenheit ihre Projekte vorzustellen, zu diskutieren und weiterzuentwickeln sowie ihre Kenntnisse über die beiden besuchten Länder, insbesondere aber über die costaricanisch-nicaraguanische Grenzregion und deren Besonderheiten zu erweitern. Ergänzt wurde das Programm durch selbst organisierte Projekttage, an denen die Studierenden ihre individuellen Forschungsprojekte bearbeiten konnten.
Die Exkursion startete in San José, der Hauptstadt Costa Ricas. San José ist ein Zentrum aktueller gesellschaftlicher Auseinandersetzungen im Land. Hierzu gehören die Debatten um die sozialen Proteste und Folgen des Zentralamerikanischen Freihandelsabkommens (CAFTA) sowie um die Präsenz der rund eine Million nicaraguanischen Migranten/-innen in Costa Rica. Besucht wurden hier der Radiosender Radio-U und der Fernsehkanal Canal 15 der UCR. Dabei bot sich den Studierenden die Möglichkeit mit Mitarbeiter/-innen der beiden universitätseigenen Medien zu sprechen sowie Einblicke in deren thematische Programmgestaltung zu erhalten. Am Nachmittag fand in den Räumlichkeiten des alternativen Medienzentrums von Voces Nuestras eine Podiumsdiskussion zum Thema „Soziale Bewegungen und alternative politische Kommunikation“ statt. Ebenso wie Radio-U und Canal 15 hat sich auch Voces Nuestras in den vergangenen Jahren zu einem zentralen zivilgesellschaftlichen Akteur in der Kampagne gegen den Freihandelsvertrag CAFTA entwickelt. Als Podiumsteilnehmer/-innen eingeladen waren Vertreter/-innen von migrantischen Organisationen, Umweltorganisationen, Journalisten/-innen und Sozialwissenschaftler/-innen. Nach der Veranstaltung erhielten die Studierenden von einer Mitarbeiterin von Voces Nuestras eine Einführung in die Gestaltung von Radiobeiträgen.
Am nächsten Tag reiste die Exkursionsgruppe nach Liberia weiter. Liberia ist die Hauptstadt der Grenzprovinz Guanacaste. Hier fand am Nachmittag auf dem Campus der UCR Guanacaste das erste Zusammentreffen mit Wissenschaftler/-innen aus Costa Rica im Rahmen des gemeinsamen Kolloquiums „Grenzen in Bewegung“ statt. Die Exkursionsteilnehmer/-innen erhielten hier die Möglichkeit, ihre Forschungsprojekte vorzustellen und diese mit den anwesenden Wissenschaftler/-innen der UCR zu diskutieren. Als Kommentatoren/-innen der studentischen Projekte waren Victor Hugo Acuña (Historiker), Gina Rivera (Historikerin), Soili Buska (Historikerin), Alonso Brenes (Geograph), Luis Fernando Sibaja (Historiker), Fernando Zeledón (Historiker/Politologe) und Geovanni Arrieta (Ökotourismus) anwesend. Der zweite Tag in Liberia rückte das Thema des Grenzraumes in den Mittelpunkt. Die Studierenden und Dozenten/-innen aus Berlin nahmen an der Podiumsdiskussion „Der Grenzraum Costa Rica/Nicaragua in Geschichte und Aktualität“ teil. Hier gaben die Historiker/-innen Prof. Dr. Luis Fernándo Sibaja, Gina Rivera und Fernándo Zeledón einen Überblick über verschiedene Dimensionen der historischen Entwicklung des Grenzraumes Costa Rica/Nicaragua. Im zweiten Teil beleuchteten der Geograph Alonso Brenes und der Tourismusexperte Geovanni Arrieta aktuelle soziale Phänomene und Konflikte in der Grenzregion. Anschließend fand unter Leitung von Gina Rivera eine Rundfahrt durch verschiedene Stadtteile und das Umland von Liberia statt. Die Exkursionsgruppe besuchte eine traditionelle „Hacienda“ einer guanacastekischen Viehzüchterfamilie und ein migrantisches Stadtviertel am Rande von Liberia. Im Zentrum des dritten Tages in Liberia stand ein Panel zum Thema Migrationsprozesse. Prof. Dr. Carlos Granados (UCR San José) hielt einen Überblicksvortrag über Migrationsprozesse in Zentralamerika; die Historikerin Prof. Dr. Patricia Alvarenga von der Universidad Nacional de Costa Rica sprach über die Bedeutung Nicaraguas für die nationale Identitätsbildung in Costa Rica; Capitán José Cruz, Leiter der Polizei in Liberia und Andres Olsen, Menschenrechtsanwalt der Polizei in Liberia, kommentierten die Sicherheits- und Menschenrechtssituation im Grenzraum. Der vierte Tag in Guanacaste stand unter dem Motto Tourismus. Unter der der Leitung von Geovanni Arrieta, wissenschaftlicher Leiter des Studiengangs Ökotourismus an der UCR Guanacaste, fand – gemeinsam mit Studierenden dieses Studiengangs – ein Besuch des etwa 30 Kilometer von Liberia entfernt in der Bucht des Golfo Papagayo liegenden touristischen Großprojektes „Polo Papagayo“ statt, das von Investoren aus Nordamerika und Europa vorangetrieben wird. Die Exkursionsgruppe besuchte das Informationszentrum des Projektes, in Bau befindliche Freizeitanlagen wie Golfplätze und Yachthäfen sowie Hotels und Ferienwohnungen.
Am Sonntag reist die Exkursionsgruppe nach Managua weiter und passiert dabei die Grenze bei Peñas Blancas. Am Montag, dem ersten Tag in Managua besuchte die Gruppe das Instituto de Historia de Nicaragua y Centroamérica (IHNCA). Sie lernte das wissenschaftliche Team kennen und besichtigte die Bibliothek sowie das historische Archiv des Instituts, das zu den umfangreichsten und größten in Zentralamerika gehört. Am Nachmittag fand unter der fachkundlichen Leitung von Margarita Vannini, Direktorin des IHNCA, ein Besuch des historischen Stadthügels von Managua, der „Loma de Tiscapa“ sowie der dort befindlichen und vom IHNCA organisierten Ausstellung über den nicaraguanischen Befreiungskämpfer Augusto Sandino mit dem Titel „Sandino Vive“ statt. Am nächsten Tag besuchte die Exkursionsgruppe das Haus des Arbeiters (Casa de los trabajadores) und nahm dort an einer Diskussionsrunde mit Gewerkschafter/-innen über Arbeitsbeziehungen und Arbeitskämpfe in Nicaragua teil. Am folgenden Tag fand in den Räumlichkeiten des IHNCA eine Podiumsdiskussion mit dem Thema Migrationsprozesse aus niacaraguanischer Perspektive statt. Hier hielt der Politikwissenschaftler Dr. Angel Sandomando einen Übersichtsvortrag zum Thema Globalisierung und Migration; die Juristin Heydi González vom sozialwissenschaftlichen Institut für lokale Entwicklung der UCA (NITLAPAN) sprach über regionale, transregionale und extraregionale Migrationsprozesse am Grenzübergang Peñas Blancas und die Sozialwissenschaftlerin Martha Cranshaw vom Red Nicaragünese de la Sociedad Civil para las Migraciones (RNSCM) informierte über die sozialen Folgen der Migration nach Costa Rica für Prozesse der familiären Integration/Desintegration. Der dritte Tag in der nicaraguanischen Hauptstadt war dem Thema der Religionen in Nicaragua gewidmet. Der Soziologe Manuel Ortega (UCA) eröffnete den Tag mit einem Vortrag über den Wandel des religiösen Feldes in Nicaragua; die Befreiungstheologin Michelle Najlis sprach über Erfolge und Krise der Befreiungstheologie in Nicaragua; und der Historiker William Ulises Rodríguez von der Universidad Evangélica Nicaragüense (UENIC) hielt einen Vortrag über evanglikale Kirchen in Nicaragua. Der letzte Tag der Exkursion war entsprechend dem Tourismustag in Liberia dem Thema Tourismus in Nicaragua gewidmet. Unter wissenschaftlicher Leitung von Margarita Vannini unternahm die Exkursionsgruppe einen Tagesausflug zu den touristischen Zentren der Städte Masaya und Granada.