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Encomienda

Encomienda

Encomienda
Bildquelle: La Biblioteca Luis Ángel Arango http://lablaa.org/blaavirtual/ciencias/sena/periodismo/precolom/precol3d.htm

Als Entlohnung für ihre Dienste während der Eroberung vertraute die spanische Krone den Kolonisten eine bestimmte Anzahl von Indigenen an – eine sogenannte encomienda (encomendar = anvertrauen). Konnte der Besitzer einer encomienda über die Arbeitskraft „seiner“ Indigenen frei verfügen, war er im Gegenzug dazu für deren Unterweisung im christlichen Glauben zuständig.

Arbeitskräfteversorgung, Erziehung und Christianisierung sollten dabei Hand in Hand gehen. Für die Indigenen, die in der Hauswirtschaft, in den Gold- und Silberminen, auf den Plantagen oder beim Perlentauchen eingesetzt wurden, bedeutet diese jedoch oft hemmungslose Ausbeutung ihrer Arbeitskraft, häufig verbunden mit unmenschlichen und gesundheitsschädigenden Arbeitsbedingungen.

„Die Kolonisten nahmen die daraus resultierende Dezimierung der Urbevölkerung in Kauf, weil sie die [Indigenen] als minderwertige und primitive Wesen ansahen. Dem hielt in Amerika und in Spanien eine proindianische Richtung entgegen, dass die Indios nicht inferior, sondern vernunftbegabt seien. Ihre ab 1511 intensiv vorgetragenen Anklagen verursachten eine heftige öffentlich geführte Diskussion über die Behandlung der Urbevölkerung und das spanische Eroberungsrecht. Aus der Diskussion resultierten die „Gesetze von Burgos“ von 1512/13; diese bestätigten zwar das System von Zuteilung [auf Spanisch: repartimiento] und Anvertrauung [auf Spanisch: encomienda], doch ergänzten sie die Regelungen zu Arbeitsverpflichtungen durch zahlreiche Vorschriften zu Arbeitsschutz, Versorgung und Unterbringung, v.a. aber hinsichtlich der Verpflichtung der encomenderos, die [Indigenen] zu erziehen und in der christlichen Religion zu unterweisen.“ (König 2007: 835-836)

Die massive wirtschaftliche Ausbeutung der anvertrauten Indigenen bei gleichzeitiger Vernachlässigung des Missionierungsauftrags und das Ziel, die encomienda in ein erbliches Privileg umzuwandeln, führten zu erheblichen Konflikten zwischen encomenderos und der Kirche. Aber auch die spanische Krone versuchte zunehmend die Macht der encomenderos einzuschränken, befürchtet sie doch von diesen in ihrer Autorität in den Kolonien untergraben zu werden. Mit dem Versuch, die encomienda aufzuheben und ihre Vererbbarkeit auszusetzen (Nuevas Leyes 1542), wurde das encomienda-System nach und nach zurückgedrängt.

Dies führte dazu, dass „gegen Ende des 16. Jahrhunderts [die encomiendas] zumindest in den Kernländern Hispanoamerikas beinahe jegliche Bedeutung verloren [hatte], und nur in peripheren Regionen, wie in Yucatán, Venezuela, im Gebiet der audiencia von Quito, in Chile, in Paraguay oder am Río de la Plata überlebte sie als Form der Arbeitsorganisation bis ins 18. Jahrhundert hinein.“ (Hausberger 2001: 91). Später traten oftmals Tributzahlungen an die Stelle der eingeforderten Arbeitsleistungen.

 

Aus: König, Hans-Joachim: Indianerpolitik. In:Jaeger (Hrsg.): Enzyklopädie der Neuzeit. 2007 (Bd.5), S. 835-836;

Hausberger, Bernd: Hispanoamerika im „langen“ 17. Jahrhundert. In: Edelmayer/Grandner/Hausberger (Hrsg.): Die neue Welt. Süd- und Nordamerika in ihrer kolonialen Epoche. Wien 2001, S. 91