Vizekönigreiche
In den ersten Jahren nach der Ankunft der Europäer in Amerika gab es nur eine sehr einfache Verwaltungsstruktur in der Neuen Welt. Im Zuge der weiteren Eroberungsfeldzüge wurden regionale Verwaltungen wie audiencias (Appellationsgerichtshöfe) und gobiernos installiert. Diese unterstanden jedoch der Spanischen Krone, die Würden- und Amtsträger einsetzte und somit letzte Entscheidungsinstanz war.
Nicht nur die Entfernung zum Mutterland, sondern auch die Unbotmäßigkeiten einzelner Provinzgouverneure führten schließlich dazu, dass die Spanische Krone die neu gewonnenen Gebiete zu Vizekönigreichen erklärte. Die Vizekönige sollten die souveräne Gewalt des spanischen Königs mit entsprechenden äußerlichen königlichen Attributen stellvertretend darstellen.
Im 16. Jahrhundert wurden dann in den Gebieten, die „wegen ihrer Bevölkerungsstruktur, der naturgeographischen Ausstattung und der wirtschaftlichen Nutzung für Spanien am wichtigsten waren“ (König 2007: S. 930) zwei Vizekönigreiche gegründet: 1535 wurde mit Ankunft des Vizekönigs Antonio de Mendoza das Vizekönigreich Neu-Spanien (span.: Virreynato de la Nueva España) mit der Hauptstadt im heutigen Mexiko-Stadt etabliert. Das Gebiet reichte vom Norden Mexikos bis ins heutige Venezuela. Mendoza gelang es dort, innerhalb seiner 15-jährigen Amtszeit eine stabile Verwaltungsordung aufzubauen.
Das Vizekönigreich Peru, anfangs alsVizekönigreich Neu-Kastilien bezeichnet (span.: Virreynato del Perú bzw. Virreynato de la Nueva Castillia), wurde im Jahre 1542 mit Hauptsitz in Lima gegründet. Zum Vizekönigreich Peru gehörte praktisch ganz Südamerika inklusive Panama, doch ohne Venezuela und das portugiesiche Herrschaftsgebiet Brasilien.
Gleichzeitig mit der Entstehung des Vizekönigreiches Peru waren die Nuevas Leyes in Kraft getreten, die die encomiendas einschränken und die Indigenen schützen sollten. Der Vizekönig Blasco Núñez Vela konnte sich aufgrund von fehlendem politischen Geschick nicht gegen die gegen die Neuen Gesetze rebellierenden Kolonisten durchsetzen und wurde in einem Aufstand getötet. Erst der Vizekönig Francisco de Toledo (1569-81) konnte das von ständigen Unruhen gekennzeichnete Vizekönigreich mithilfe von Gesetzen, Verordnungen und großer Härte stabilisieren.
Im Rahmen der Bourbonischen Reformen wurde das Vizekönigreich Peru zwecks einer effektiveren Verwaltung untergliedert: 1717entstand das Vizekönigreich Neu-Granada mit Sitz in Bogotá und 1776/ 77 das Vizekönigreich La Plata mit Hauptsitz in Buenos Aires.
Mit der Loslösung der lateinamerikanischen Staaten von Spanien ab 1821 lösten sich ebenfalls die Vizekönigreiche auf.
Aus:
Edelmayer, Friedrich: Hispanoamerika im 16. Jahrhundert. In: Edelmayer/Grandner/Hausberger (Hrsg): Die neue Welt. Süd- und Nordamerika in ihrer kolonialen Epoche. 2001, S. 67
König, Hans-Joachim: Verwaltung der Kolonialreiche. In: Jaeger (Hrsg.): Enzyklopädie der Neuzeit. 2007 (Bd. 6), S. 930-933
Ders.: Kolonialismus. In: Jaeger (Hrsg.): Enzyklopädie der Neuzeit. 2007 (Bd. 6), S. 883
Ders.: Konquista. In: Jaeger (Hrsg.): Enzyklopädie der Neuzeit. 2007 (Bd. 6),S. 1105
König, Hans-Joachim und Stefan Rinke: Neue Welt. In: Jaeger (Hrsg.): Enzyklopädie der Neuzeit. 2009 (Bd. 9), S. 114