Klassische Ökonomie
Die klassische Ökonomie ist der Beginn zu einer theoretischen Betrachtung der Nation und dem Zusammenspiel verschiedener Nationen durch die ökonomische Interaktion. Adam Smith‘s „Wealth of Nations“ wird gemeinhin als der Beginn der ökonomischen Theorie und der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Verständnis ökonomischen Handelns verstanden. Andere, vor allem antike Autoren aus den merkantilistischen Zentren Griechenlands, Italiens und auch Deutschlands haben ebenso bereits zu einzelnen Aspekten wichtige Schriften verfasst. Jedoch fehlte bis zur Veröffentlichung von „Wealth of Nations“ eine umfassende, alle Bereiche ökonomischen Handelns theoretisierende Abhandlung. Neben Adam Smith ist David Ricardos Werk zur politischen Ökonomie für die Klassik von großer Bedeutung, da es die „Grundsätze der politischen Ökonomie und Besteuerung“ in einem Werk zusammenfasst. Ricardo entwickelte auch ein erstes Modell für den Außenhandel – sein Beispiel des Wein- und Tuchhandels zwischen England und Portugal ist ein Standard für die Einführung in die Außenhandelstheorie.
a) Adam Smith (1723 – 1790)
Es ist der Verdienst Adam Smiths, die Produktivität und damit die menschliche Arbeit und ihre Wertschöpfung als Quelle des Wohlstandes zu definieren. In seinem Werk „An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations“ (Wohlstand der Nationen) ist die Freiheit der Akteure und ihr von Eigeninteresse getriebenes Handeln sein zentraler Ausgangspunkt. Adam Smiths wichtigste und oft zitierte theoretische Erkenntnis ist dabei die „unsichtbaren Hand“ des Marktes. Gleichbedeutend mit der Freiheit als Möglichkeit zur Durchsetzung individueller Interessen ist für Smith auch die Fähigkeit diese in einem gerechten Marksystem für alle Marktteilnehmer zu gewährleisten. So sieht er die Rolle der Grundbesitzer als Monopolisten kritisch, da ihr „Interesse niemals genau mit öffentlichem Interesse übereinstimmt“ (Kurz 1993: 12). Die Möglichkeit der Arbeiter, ihre Arbeit als ihr Eigentum und ihren Beitrag zum gesellschaftlichen Reichtum zu sehen ist damit auch Ausgangspunkt und zentrale Annahme seiner auf Arbeitsteilung basierenden Theorie (ibid.). Der Wohlstand der Nationen generiert sich demnach aus dem Profit als Kapitalzins aus unternehmerischem Handeln und den steigenden Löhnen für die Arbeiter. Der Staat ist nach der Theorie Smiths für die Bereitstellung öffentlicher Güter und der Begrenzung von Monopolen zuständig. Einen Eingriff des Staates in den Markt ist seiner Theorie nach schädlich, da die „unsichtbare Hand“ des Marktes bessere Ergebnisse in der Verteilung und in der Beschränkung individueller Macht erziele. Laissez-faire ist für Smith eben nicht ein „reiner“ Markt – was Smith oft fälschlicherweise unterstellt wird -, sondern der Staat hat seine feste Rolle als Ordnungsinstanz, damit die „unsichtbare Hand“ auch zu ‚gerechten’ Marktergebnissen führen kann.
Weiterführende Literatur:
Kurz, Heinz D. (1993): Eigenliebe tut gut. in: Zeitpunkte Nr. 3. „Zeit der Ökonomen. Eine kritische Bilanz volkswirtschaftlichen Denkens“. Hamburg: Die Zeit. S. 11-13.
Smith, Adam (2005): An inquiry into the nature and causes of the wealth of nations. Cannan, Edward (Hrsg.). Chicago: University of Chicago Press.
Recktenwald, Horst C. (1976): Adam Smith: Sein Leben und sein Werk. München: Beck.
b) David Ricardo (1772 - 1823)
Das Verständnis ökonomischer Beziehungen zwischen Ländern ist das wichtigste Element der Theorie David Ricardos. Den Grundstein für seine wegweisenden theoretischen Überlegungen zum Außenhandel legt Ricardo in einer eigenen Theorie zum Verständnis der nationalen Ökonomie. Über die Lektüre von Smiths „Wealth of Nations“ kam Ricardo zur politischen Ökonomie und die prinzipiellen Ansätze Adam Smiths sind neben dem Einfluß von Thomas R. Malthus, die seiner Theorie zugrunde liegen. In den „Grundsätzen der politischen Ökonomie und der Besteuerung“ beschreibt David Ricardo den Zusammenhang von Arbeit, Profit (Überschuss aus Verkauf) und Rente (Einnahmen aus Besitz). Die Knappheit natürlicher Ressourcen wie Boden bestimmt letztlich über den Profit und Rente, dem Einkommen aus ‚Nichtarbeit’ (Kurz 1993: 14). Die Notwendigkeit geringere Produktivität aufgrund schlechterer und knapperer Ressourcen (bspw. Boden) in Kauf nehmen zu müssen ist - gekoppelt an ein Bevölkerungswachstum - nach seiner Theorie essenziell für das entstehen von Rente. Da bei knappen Ressourcen relativ mehr für die zu bezahlende Rente aufgewendet werden muss, fällt relativ der Profit. Profite haben ein Optimum und werden bei zu hoher oder zu geringer Produktivität kleiner – das Wachstum ist damit abhängig von der Profitrate (Kurz 1993: 15). Ricardos Theorie ist angesichts knapper werdender Ressourcen wie frei verfügbarer Boden, Rohstoffe etc. immer von Aktualität: Die Arbeit von ‚Neoricardianern’ stellt auch aktuell diesen Zusammenhang in den Mittepunkt ihrer Betrachtungen.
Der komparative Kostenvorteil ist die zentrale Erkenntnis in David Ricardos Theorie über den Handel von Nationen. Komparativ bezieht sich dabei auf relative Vorteile im Handel. Diese können selbst bei Ländern gegeben sein, die absolut in einer Vielzahl ihrer Produktion einen Vorteil gegenüber anderen Ländern haben. Nationen können auch dann gewinnbringend Handel miteinander betreiben falls eines der beiden Länder absolut gesehen Waren günstiger herstellen kann. Das Beispiel vom Handel mit Wein und Tuch zwischen Portugal und England ist eines der viel zitierten und verdeutlicht noch heute auf sehr einfache Weise die Logik des Außenhandels in einer arbeitsteiligen (Welt-)Gesellschaft.
Weiterführende Literatur:
Kurz, Heinz D. (1993): Geiz der Natur. in: Zeitpunkte Nr. 3. „Zeit der Ökonomen. Eine kritische Bilanz volkswirtschaftlichen Denkens“. Hamburg: Die Zeit. S. 14-16.
Ricardo, David (1988): On the principle of political economy and taxation. reprint. Düsseldorf: Verlag Wirtschaft und Finanzen.
Dewald, Michael (1997): Komparative Vorteile in der bilateralen Entwicklungshilfe: Ihre Relevanz und Identifikation. Chur: Rüegger.
Davis, Timothy (2002): David Ricardo, financier and empirical economist. In: The European journal of the history of economic thought. Abingdon, Oxfordshire. 9 (2002), S. 1-16.
Marxistische Ökonomie
Eine kurze Einführung zur Theorie und Arbeit von Marx dient vor allem dem Verständnis nachfolgender ‚neomarxistischer’ Theorien. Hier kann nur ein kleiner Ausschnitt aus dem aus 43 Bänden und zahlreichen weiteren Veröffentlichungen umfassenden Werk von Karl Marx gegeben werden (MEGA 2: 114 Doppelbände). Dieser Ausschnitt dient dazu, die Grundzüge seiner Theorie zu verstehen und nachfolgende Theorien in die Denkmuster Karl Marxs einordnen zu können.
a) Karl Marx (1818 – 1883)
„Die Philosophen haben die Welt immer nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern“. Diese Maxim von Marx zeigt in aller Kürze die zwei Richtungen seiner Arbeit. Zum einen entwickelte er ein umfassendes theoretisches Verständnis zum Zusammenhang zwischen Arbeit und Kapital. Zum anderen liefert die Arbeit von Marx auch die klaren politischen Handlungsanweisungen wie seine wissenschaftlichen Schlussfolgerungen aus der Analyse kapitalistischer Produktionsweise in der politischen Praxis umgesetzt werden müssen – Karl Marx schrieb das „Manifest der kommunistischen Partei“ für den ‚Bund der Kommunisten’.
Zunächst die wichtigste Neuerung der Theorie Karl Marx vorweg: Das Individuum verschwindet und an seine Stelle tritt – die Gesellschaft. Einige der nachfolgenden Kritiken an Marx‘ Werk zielten genau auf diesen Umstand ab – die Gesellschaft wird also als einzelne Person gedacht, deren Mitglieder kollektive Teilhabe an dem gemeinsam Erwirtschafteten erhalten. Hinter dieser einfachen, wie wichtigen methodischen Neuerung verbergen sich eine Reihe grundlegender Änderungen zu den Theorien der Klassiker Smith und Ricardo: Die als produktiv verstandene Trennung von Arbeitern und Grundeigentümern, sowie Kapitalisten wird in der Theorie von Marx aufgehoben. Alle, die klassische Theorie Smiths und Ricardos beherrschenden Faktoren einer arbeitsteiligen Gesellschaft werden zu einem Modell einer einheitlichen Gesellschaft auf allen Ebenen zusammengeführt (Starbatty 1993: 82). Die zweite Neuerung ist die Übernahme und Weiterentwicklung der Idee Ricardos, dass der Wert einer Ware von der Arbeitskraft bestimmt und damit dessen Eigentum ist. Für Marx ist der Mehrwert die Verwandlung eines Produkts durch menschliche Arbeit in Ware die eigentliche Wertschöpfung. Zentral ist für die marxistische Denkweise, dass der Wert einer Ware also der für die Verwandlung zur Ware notwendigen Arbeitskraft entspricht (MEGA 1990, Bd. 13). Da der Arbeiter seine gesamte Produktivkraft an den Kapitalisten verkauft und seine Produktivität einen höheren Wert erwirtschaftet, als der Kapitalist für seine Arbeitskraft zu zahlen bereit ist, entsteht ein Mehrwert.
Für die Entwicklungsökonomie ist Marx bedeutsam, da sein Werk auch eine eigene Entwicklungstheorie enthält, die sich ebenso in der Auflösung des Kapitalismus als die Ursache für Ausbeutung und Ungleichheit in der Beziehung zwischen Nationen manifestiert (Menzel 2000: 9). Marx legt seiner Entwicklungstheorie ein Model des Entwicklungspfads zugrunde: Von der kleinbäuerlichen Subsistenzwirtschaft über die Verwandlung des Bauern in Lohnarbeiter zur industriellen, nach Kapitalakkumulation funktionierenden Gesellschaft – „Das industriell entwickelte Land zeigt dem minderentwickelten nur das Bild der eigenen Zukunft“ (MEGA 1999, Bd. 1: Vorwort). Diese Sichtweise zeichnet das Bild eines eurozentristischen Modernisierungstheoretikers (Menzel 2000). Marx erkennt aber auch in der kolonialen Ausbeutung von Ländern die Möglichkeit der Kapitalisten den eigenen Mehrwert noch zu steigern und so – nach der Theorie von Marx – eine Industrialisierung Europas erst ermöglicht wird (Menzel 2000; MEGA 1990). Daraus wiederum lassen sich dependenztheoretische Rückschlüsse auf Marxs‘ Verständnis von Entwicklung ziehen (vgl. Menzel 2000: 10).
Weiterführende Literatur:
Burkhardt, Johannes; Priddat P. Birger (2000): Geschichte der Ökonomie. Texte und Kommentare. Bd. 41, Kapitel Karl Marx. Frankfurt am Main: Deutscher Klassiker Verlag. S. 554-568.
MEGA (1990): Karl Marx und Friedrich Engels Gesamtausgabe. Institut für Marxismus-Leninismus beim Zentralkommitee der Kommunistischen Partei der Sowjetunion und vom Institut für Marxismus-Leninismus beim Zentralkommitee der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (Hrsg.). Berlin: Dietz.
Menzel, Ulrich (2000): Karl Marx (1818-1883). Die drei Entwicklungstheorien des Karl Marx. In: E+Z, Entwicklung und Zusammenarbeit. Vol 41(1). S. 8-11.
Starbatty, Joachim (1993): Weltgeschichte mit Heilsplan. in: Zeitpunkte Nr. 3. „Zeit der Ökonomen. Eine kritische Bilanz volkswirtschaftlichen Denkens“. Hamburg: Die Zeit. S. 80-82.