Zum Tod von Maria Bamberg, einer der renommiertesten Übersetzerinnen lateinamerikanischer Literatur
News vom 27.06.2016
Ein Nachruf von Susanne Klengel für das Lateinamerika-Institut der Freien Universität Berlin
Maria Bamberg (10. Dezember 1915 – 04. Juni 2016)
Am 4. Juni 2016 ist die bekannte Übersetzerin Maria Bamberg im Alter von 100 Jahren in ihrer Geburtsstadt Berlin gestorben. Maria Bamberg gehörte zu den bedeutendsten ÜbersetzerInnen aus dem Spanischen, vor allem dem lateinamerikanischen Spanisch. Sie war gleichzeitig eine herausragende Brückenbauerin zwischen den kulturellen Welten Lateinamerikas und der deutschsprachigen Länder. Lange Jahre betätigte sie sich auch als Dozentin am Lateinamerika-Institut der Freien Universität Berlin, wo sie in der von ihr gegründeten „Übersetzerwerkstatt“ interessierte Studierende für die vielschichtigen Fragen und Herausforderungen des literarischen und gleichzeitig kulturellen Übersetzens begeisterte.
Das Lateinamerika-Institut trauert um Maria Bamberg. Mit ihr verliert das Institut eine wunderbare Kollegin und Mitstreiterin für eine vielschichtige Präsenz Lateinamerikas in Deutschland. Es verliert eine Freundin, die dem Institut und seinen Studierenden immer eng verbunden blieb. Die leidenschaftliche Literaturliebhaberin sagte einmal über ihren Beruf, den sie als Berufung sah: „Übersetzer sind Kuriere des Geistes und sollten demgemäß auftreten: bescheiden aber bestimmt, verantwortungsvoll und verlässlich“. Stets humorvoll und engagiert vermittelte sie die Wichtigkeit der übersetzenden Tätigkeit ihren Studierenden und rief sie gleichzeitig den LateinamerikawissenschaftlerInnen des Instituts in Erinnerung.
Maria Bamberg wurde am 10. Dezember 1915 in Berlin geboren. Im Alter von sechs Jahren emigrierte sie mit ihren Eltern nach Patagonien, Argentinien. Die spanische Sprache, die ihre lebenslange Gefährtin werden sollte, lernte sie jedoch erst nach ihrem Abitur. An der Universität von Córdoba absolvierte sie das Examen als Übersetzerin für Deutsch und Englisch und als Lehrerin. Im Jahre 1963 kehrte sie zusammen mit ihrem Ehemann und den vier gemeinsamen Kindern endgültig nach Berlin zurück. Ab 1966 fing sie an, sich intensiv dem Übersetzen zu widmen. Sie übertrug unter anderem Werke des Venezolaners Arturo Uslar Pietri sowie von Jorge Luis Borges und Octavio Paz ins Deutsche. Maria Bamberg gehörte auch zu jenen ÜbersetzerInnen, die den Boom des „neuen lateinamerikanischen Romans“ in den deutschsprachigen Raum brachten. Berühmtheit erlangte sie als Übersetzerin der Romane und Erzählungen von Carlos Fuentes‘, mit dem sie eine langjährige Freundschaft verband. Sie übersetzte neben vielen anderen Werken dieses Autors auch dessen Opus Magnum Terra nostra – einen Roman, dessen sprachliche und inhaltliche Komplexität immer wieder mit James Joyceʼ Ulysses verglichen wird.
Als Migrantin fand sie ihre wahre Heimat in der Sprache, wie sie selbst einmal sagte. Zwischen Deutsch und Spanisch, zwischen Deutschland und Argentinien verbrachte sie ein bewegtes und erfülltes Leben. Ihre eigenen Erfahrungen und die ihrer Familie hinterlässt sie in Form zweier autobiographischer Werke: Ella und der Gringo mit den großen Füßen (1998) und Zwischen Argentinien und Deutschland (2004).
Die Übersetzerwerkstatt am Lateinamerika-Institut leitete sie von 1983-1989, außerdem engagierte sie sich auch nach dem Eintritt in den Ruhestand noch viele Jahre ehrenamtlich im Umfeld des Ibero-Amerikanischen Instituts der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Im Jahre 2005 wurde Maria Bamberg für ihre Verdienste mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland geehrt.
Maria Bambergs Kindern und Enkelkindern fühlen sich die Mitglieder des Lateinamerika-Instituts in tiefer Trauer verbunden.
Für das LAI
Susanne Klengel