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Religion und Kosmovision

Die indigenen Religionen passten sich nach der europäischen Invasion allmählich an den aufgezwungenen christlichen Glauben an. Der christliche Gott wird z.B. mit dem andinen Schöpfergott Viracocha und der Sonne und die Jungfrau Maria mit der Pachamama (Mutter-Erde) und den apu (Berggottheiten) assoziiert. Ebenso werden die verschiedenen christlichen Heiligen und Apostel mit andinen Gottheiten niederer Hierarchie verknüpft.

In den Legenden und Mythen spiegelt sich diese Veränderung sowie bei der Herstellung von Textilien wider. Daher geben uns die Textilien wertvolle Information über die Symbole, die teilweise vorspanischen Ursprung sind und anderen, die mit den Spaniern neu hinzugekommen sind. Das Altartuch dient als Beispiel solcher Veränderungen: es erscheinen christliche Symbole und andere aus der indigene Kosmovision in einem Kunstwerk kombiniert. Zu den wesentlichen Prinzipien der andinen Kosmovision gehören die Konzepte von Reziprozität und Gleichgewicht. Beide Konzepte sind eng miteinander verbunden, regeln die Beziehungen zwischen Menschen und den Gottheiten und bestimmen Austauschformen auf Basis von Gegenseitigkeit.

Alltägliche Gewohnheiten hatten für die indigene Bevölkerung in den meisten Fällen eine rituelle Komponente. Bestimmte Feste wie der Wechsel von Regen- und Trockenperiode, hatten genaue Daten und bildeten den rituellen Jahreszyklus. Viele Textilien wurden speziell für diese Feierlichkeiten hergestellt und nur bei diesen Anlässen getragen.

Von den andinen Menschen wird alles Existierende in sich ergänzenden Gegensatzpaaren wahrgenommen, z. B. Tag und Nacht oder oben und unten. Diese dualen Paare bilden unauflösbare Einheiten. Zwischen diesen gibt es Übergänge, wie z. B. die Dämmerung zwischen Tag und Nacht. Wo Gegensätze aufeinander treffen, treten Veränderungen auf, Vereinigung oder Kampf. Diese duale Denkweise bestimmte das gesamte Leben der Menschen im Andenraum.

Das Verständnis der Zeit ist nicht linear mit einer permanenten Weiterentwicklung, sondern Zeit wird sich zyklisch mit wiederkehrenden Momenten vorgestellt. Zyklische Naturerscheinungen, wie Jahreszeiten und bestimmte astronomische Erscheinungen, die erscheinen und wieder verschwinden, prägen diese Wahrnehmung und finden im Alltag Bestätigung.

Die Organisation der Welt erfolgt in vier Teile. Die Aufteilung der Naturelemente und der Menschen wird innerhalb dieser Raum- und Zeitvorstellung vorgenommen. Diese sind von der Beziehung der andinen Bevölkerung zur Natur geprägt. Ihr Leben ist von zwei sich abwechselnden Jahreszeiten abhängig (Trocken- und Regenzeit). Die Erde erscheint als aus ein zwei Hälften bestehendes Ganzes, der obere Teil als sichtbare Welt und der untere Teil, die unsichtbare Welt. (siehe Kosmologie in den Anden)

 


L. B.