Cuscoschule
Hatte das vorspanische Cusco als Inkahauptstadt schon eine entscheidende Rolle gespielt, behielt auch die von Francisco Pizarro offiziell am 23. März 1534 gegründete spanische Stadt, ihre tragende Funktion als kulturelles und politisches Zentrum.
Mit der Errichtung des Bischofssitzes 1536 in Cusco konzentrierten sich hier die Haupthäuser der Orden, also der Dominikaner, Mercedarier, Augustiner und der Jesuiten. Die Existenz dieser Orden führte zu einem Bauboom von Kirchen, die prachtvoll dekoriert wurden, wodurch es in Cusco seit den Anfängen der Kolonialzeit eine große künstlerische Bewegung gab, besonders in Bezug auf die Malerei.
Die Ankunft des italienischen Jesuiten Bernardo Bitti 1583 in Cusco markierte einen entscheidenen Moment in der Entwicklung der Cuscokunst. Dieser Künstler führte in Peru den Manerismus ein, dessen Hauptmerkmale längliche Figuren und eine Betonung des Vordergrundes waren, wobei Landschaft und Details etwas ins Hintertreffen gerieten.
Rückkehr nach Ägypten-Diego Quispe Tito-Cuscoschule, 18. Jhd. © Museo Nacional de Arqueología, Antropología e Historia del Perú
In Cusco entwickelte sich eine eigene Kunstform, die sich ab 1650 besonders entwickelte, als ein großes Erdbeben die Stadt zerstörte. Der Wiederaufbau rief auch die indigenen Künstler auf den Plan, die sich nun voll entfalten konnten. Die Cuscomalerei kam hier mit Indigenen wie Diego Quispe Tito und Juan de Santa Cruz Pumacallao zur vollen Entfaltung, wenn auch der Großteil der Bilder heute anonym bleibt.
Ende des 17. Jahrhunderts gründeten die Künstler Cuscos, nun hauptsächlich Indígenas und Mestizen, eine der wichtigsten Malschulen Südamerikas, die sogenannte „Cuscoschule“, die sich durch ihr Lokalkolorit auszeichnete und sich mehr und mehr vom europäischen Einfluss lossagte.
Vorherrschendes Thema war jedoch wie überall in der Kolonialzeit die katholische Religion, wobei in der Cuscomalerei besonders der narrative Charakter, der sich z.B. in Bibelszenen zeigt, hervorsticht. Typisch sind aber auch die Darstellungen von christlichen Heiligen, die mit andinen Göttern gemischt wurden. Beispiele dafür finden sich bei trapezförmigen Marienfiguren, die mit der andinen Erdgöttin Pachamama oder den heiligen Bergen (Apus) gleichgesetzt wurden oder der Verbindung des Heiligen Santiago zum vorspanischen Blitzgott Ilapa. So blieb durch die Anwendung andiner Symbole in der christlichen Kunst, die vorspanische Religion auch in der Kolonialzeit erhalten. Doch gab es auch andere Themen wie Porträts der Inkaherrscher, Landschaften und christliche Feste, wie die Fronleichnamsprozessionen, wobei die Kolorierung der Bilder die andinen geografischen Begebenheiten reflektierte, die zudem noch mit lokaler Flora und Fauna geschmückt wurden. Der indigene Charakter wurde zudem durch die bronzene Haut der dargestellten Personen unterstrichen.
Fronleichnamsprozession, Gemeinde San Cristobal, 1680 © Museo Arzobispal del Cuzco, Peru
Die Vorliebe der andinen Künstler für den Barockstil zeigt sich in der sogenannten „Brokattechnik“ in der Stoffe, Gesichter der Heiligen und Kleider mit Blattgold versehen wurden.
Im 18. Jahrhundert hatte die Cuzcoschule einen solchen Ruhm erreicht, dass regelrechte Werkstätten entstanden, die zur Massenproduktion von Bildern dienen sollten. Auftraggeber waren Händler, die diese Werke in Städte wie Lima, Ayacucho und sogar ins weitentfernte Argentinien, Bolivien und Chile verkauften.
Peggy Goede