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Potosíschule

Virgen del Cerro Rico de Potosí, Anonym, 18. Jhd. © Casa Nacional de la Moneda-Fundación Cultural BCB, Potosí-Bolivia

 

Das heutige Bolivien war bis 1776 als Audiencia de Charcas Teil des Vizekönigreiches Peru und gewann für Spanien besonders durch die Entdeckung der Silberminen von Potosí an Bedeutung. Doch auch als Kunstzentrum spielte Potosí eine herausragende Rolle.

Die Maler Boliviens gruppierten sich um drei künstlerische Zentren: Chuquisaca, Potosí und La Paz. In diese Zentren gelangten im 17. Jahrhundert spanische, flämische und italienische Künstler, die die regionalen Malschulen entscheidend prägten. Hierher sandten die Verantwortlichen aus Cuzco die Werke ihrer Meister und aus ihnen erwuchsen die indigenen Meister, die die Kunstgeschichte Boliviens prägen sollten. Leider sind uns auch hier die Namen der Künstler durch die Flut der Bilder nur in den wenigsten Fällen bekannt.

Chuquisaca und die Missionen von Collao machten fast die gesamte künstlerische Aktivität der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts aus, während Potosí sich noch in der kulturellen Ausformung befand. Doch durch die Ausbeutung der reichen Silberminen wurde Potosí im 17. Jahrhundert zum wichtigsten wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Zentrum Südamerikas, dessen künstlerische Blüte sich Ende des 17./ Anfang des 18. Jahrhunderts voll entfaltete.

Um 1660 erschien in Potosí der Maler Nicolás Chávez de Villafañe, der im spätmaneristischen Stil arbeitete. Danach orientierten sich die Künstler von Potosí am spanischen Barock und Meister wie Francisco Herrera y Velarde und Diego Quispe Tito erschienen auf der Bildfläche.

Der Evangelist Matthäus-Melchor Pérez de Holguin, 1724 © Casa Nacional de la Moneda-Fundación Cultural BCB, Potosí-Bolivia

Die Maler Potosís erschufen große Gemälde mit prächtigen Kompositionen. Sie liebten kräftige Farben, luxuriöse Kleidung und Schmuck und anekdotenhafte Details. Darüberhinaus entwickelten sie Motive, die, obwohl von europäischen Stichen inspiriert, doch indigene Abwandlungen zeigten. Typische Themen waren Szenen aus dem Alten Testament, Serien von Propheten und Sybillen und moralisierende Themen wie das Letzte Gericht oder die Seelen im Himmel oder in der Hölle. Inspiriert durch barocke Theaterstücke wurde der Triumph des Christentums über die Ketzerei gezeigt, genauso wie die glorreiche Jungfrau Maria und die Eucharistie. Häufig dargestellt wurden auch Heilige wie der San Isidro Labrador, der im Ethnologischen Museum in Berlin ausgestellt ist, und natürlich auch der Heilige Santiago oder auch Erzengel in Militärtracht, die durch ihre Anspielung an Naturphänomene oder indigene Gottheiten einen kulturellen Synkretismus symbolisierten.

Um 1690 kam schließlich, als Resultat der lokalen Schule, die sich in Potosí allmählich herausgebildet hatte, der Maler Melchor Pérez de Holguín in die Stadt, der die Potosíschule entscheidend prägen sollte. Sein Gemälde des Melchor Pérez de Holguin Einzugs des Vizekönigs Morcillo in Potosí und auch sein Bild einer Fronleichnamsprozession gelangten zu besonderem Ruhme.

 

Peggy Goede