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Die Kolonialzeit

Museo de Historia Natural, Cuzco

Museo de Historia Natural, Cuzco
Bildquelle: Peggy Goede

Bereits Mitte des 16. Jahrhunderts endete die spanische Eroberung unter rein militärischen Gesichtspunkten. Zu berücksichtigen ist aber, dass die Spanier die koloniale Herrschaft nicht allein auf der Grundlage militärischer Invasionen und indigener Verbündeter errichteten, sondern diese auch auf politischer Macht und kulturellen Techniken basierte. Teils zerstörten die Spanier die in den Amerikas bestehenden Wissenssysteme, weil sie diese als rivalisierende Epistemologien wahrnahmen. Punktuell aber griffen sie die Institutionen, Praktiken und das Wissen der autochthonen indigenen Bevölkerung gezielt auf, weil sie glaubten, den Gebrauch für ihre Zwecke nutzen zu können. Dies geschah z.B. bei der Christianisierung und dem Aufbau eines merkantilistischen Systems. Folglich dauerte der Eroberungsprozess in soziokultureller Hinsicht noch jahrzehntelang an. Institutionen und interethnische Beziehungen, die direkt in der Zeit der Invasion entstanden waren, wurden nach und nach ersetzt. Erst die Entwicklung von rein kolonialen Konstruktionen innerhalb der amerikanischen Gesellschaft markierte historisch das Ende der Eroberungszeit.

Schon bald nach den ersten Invasionen hatten die Spanier begonnen, sich in der Neuen Welt niederzulassen. In den Siedlungen, die sie gründeten, herrschte jedoch anfangs Unsicherheit vor. Grund dafür war die Unfähigkeit der Spanier, sich selbst zu versorgen, die geringen Kenntnisse über die Völker, die sie beherrschen wollten, die Schwierigkeiten einer sprachlichen Verständigung mit diesen und die in der Topographie der verstreut angelegten spanischen Siedlungen begründeten Kommunikations- und Transporthindernisse. In dieser Situation griffen die Spanier auf ehemalige lokale indigene Herrscher, kurakas bzw. kaziken (auch caziques), zurück, die als Mittler zwischen den Kulturen dienen sollten. Trotz aller Gewalt zerstörten die spanischen Invasoren die indigenen Gesellschaftsstrukturen daher nicht vollständig, sondern nutzten diese vielmehr. Ebenso versuchten die Spanier schon zu Beginn Heiratsallianzen mit indigenen Adelsfrauen aufzubauen. Ihr Einfluss und der ihrer Kinder, die ersten zweisprachigen Mestizen, waren enorm.

Misshandlung der indígenas durch die Spanier Wandmalerei von Diego Rivera, Nationalpalast Mexiko Stadt

Misshandlung der indígenas durch die Spanier Wandmalerei von Diego Rivera, Nationalpalast Mexiko Stadt
Bildquelle: Ingrid Kummels

Für die kurakas boten sich in diesen ersten dynamischen Jahren neue, interessante Möglichkeiten. Mit dem Verfall der indigenen Militärmacht entfiel dieser frühere Karriereweg, weshalb der indigene Adel seine politischen Vorteile in den Auseinandersetzungen zwischen Staat und encomenderos suchte. Oftmals war die spanische Minderheit auf sie angewiesen, um Nahrung, Gebrauchsgegenstände und Hilfstruppen zu organisieren. Dafür gewährte sie den kurakas Länder, Pferde und politische Privilegien. Einige indigene Herrscher nutzten dies, um sich besonders wertvolle Ländereien zu sichern, wo zum Beispiel Coca oder Baumwolle wuchs. Andere nahmen flüchtende Indigene auf und versuchten so auch den Bevölkerungsschwund, der durch die Epidemien entstanden war und ihnen ihre Vasallen nahm, auszugleichen.

Der rapide Bevölkerungsrückgang, der, bedingt durch die von den Europäern eingeschleppten Krankheiten, Ausbeutung und die vielen Kämpfe, bald nach der Eroberung einsetzte, führte zu einem Wettbewerb und Kampf zwischen kurakas und Eroberern um die immer spärlicher werdenden Arbeitskräfte.

Die 1540er Jahre wurden sowohl in Peru als auch in Neu-Spanien (heutiges Mexiko) von der Einführung der sogenannten "Neuen Gesetze" (span. Nuevas Leyes) geprägt. Diese wurden 1542, auch durch den unermüdlichen Einsatz des Dominikaners Bartolomé de las Casas, zum Schutz der Rechte der indigenen Bevölkerung eingeführt. Sie sahen unter anderem die Abschaffung der encomiendas vor, was den Indigenen gewisse Rechte sicherte, die Privilegien der encomenderos jedoch stark einzuschränken drohte. Dieser Umstand führte zu großen Unruhen, und in Peru sogar zu einer Rebellion seitens der encomenderos gegen die spanische Krone. Viele Indigene nutzen diesen Umstand, um den Widerstand gegen die Spanier zu organisieren. Erst Ende der 1540er Jahre gelang es der Krone die Lage in den kolonisierten Gebieten zu stabilisieren und eine koloniale Gesellschaft im Sinne Spaniens zu etablieren.

 

Peggy Goede